top air *, Stuttgart

Und die Kulinarik geht auch 2014 weiter. Ziel dieses Mal wieder s'Städtle - für Nichtschwaben Stuttgart, destination top air auf dem Flughafen. Irgendwie ist das schon komisch, wenn man den Flughafen betritt und nicht abfliegt. Normalerweise hab ich da meinen jahrzehntealte Koffer dabei und erfreu die Mitreisenden mit den quietschenden Rollen. Stilecht hab ich natürlich auf dem Geizhals Parkplatz P0 geparkt.
 
Ins top air wollt ich schon lange Mal. Eigentlich als es noch unter Claudio Urru geführt wurde, der dann Ende 12 sich verabschiedet hat. Danach wurde sein sous chef Marco Akuzun Küchenchef, der anders als Urru nicht den Purismus sondern eher ein flavour pairing kocht. Man darf gespannt sein, zumal mein Stil ebenso reduzierter ist. 
 
Nach einem kleinen Spaziergang zum Terminal 1 dieses Mal also nicht früh morgens bei einer Burger-Filiale das Frühstück reinrammen, sondern rechts abbiegen. Da kommt auch der Marco mir entgegen, mit dem ich bis dato virtuell via facebook befreundet war. Nette Begrüßung durch ihn und rein in die gute Stube. 
 
Schickes Ambiente, sehr dezent, nicht aufdringlich und dabei doch modern. Wenn man das Rollfeld nicht sehen könnte und nicht manchmal die Ansagen "Letzter Aufruf für..." und "Bitte lassen Sie das Gepäck..." könnte man vergessen, daß man auf einem Flughafen ist. Dafür sorgt auch ein sehr angenehmer Service. Man fühlt sich wohl.
 
Alkoholfreier Aperitif und zum Karte lesen etwas Fingerfood:
 
 
Buchenpilzkopf, Salz-Zitronen-Arancini, Krabbenbrot, Gänseleber-Lolli machen schon Spass und die Karte es einem nicht leicht sich zu entscheiden. Ralf Pinzenscham, der Restaurantleiter, hilft mir und es kommt wie es kommen muss... großes Menü.
 
 
Gelbflossenmakrele mit Kokosschaum und diversen anderen Komponenten als Einstieg ins Menü, sehr schön. Woanders gibt es sowas als Vorspeise, hier ein Gruß aus der Küche und nochmal einer:
 
 
Sous-Vide-Schweinekinn, Okraschote, Senfsauce und gebacken Kichererbse, knallergut. Das könnte ebenso in San Sebastian auf der Karte meiner favorisierten Pintxo-Bars stehen.
 
 
Bio-Gänseleber mal drei... als Eiskugel mit weißer Schokolade und Physalis, als Terrine mit Popcorn und Mais und gebraten mit Tannenjus und Sellerie-Kokon. Die Eiskugel macht es mir etwas schwer, weil etwas hart. Aber Herr Pinzenschaum weiß Rat mit Aufschlagen. Am besten hat mir von den dreien die gebratene Version gefallen, Jus hervorragen und der Kokon richtig witzig.
 
 
Vitello Tonnato "top air" mit Toro vom Blue fin, Kalbstatar, Kapern, Zitronenschale, Diestel, Bronzefenchel und schwarzen Oliven. Dazu kommt dann ein Schaubild mit Erklärung der Komponenten. Hier eine Creme, da ein Staub, dort ein Chip... und der Marco kommt zum Gast mit einem Meerwasser-Espuma. Er wünscht nen Guten und ich hau rein. Wieso hier jede Komponente einzeln probieren? Einfach von vorn bis hinten durcharbeiten und ab und zu was vom mittig angerichteten Blue Fin abschneiden. Sehr schönes dish, bei dem der Geschmack in Erinnerung bleibt.
 
 
Danach kommt die bretonische Jakobsmuschel mit Blumenkohl, Gänseleber, Perigord Trüffel und Majoran. Wieder ein sehr schöner Teller, die Jakobsmuschel mit Blutwurst gespickt. Blumenkohl als Creme und geröstet, präsenter Majoran, hervorragende Sauce und natürlich noch etwas Trüffel dabei. Herrlich. Das einzige was man jetzt kritisieren könnte, daß es nochmal Gänseleber gibt. Das ist aber Jammern auf sehr sehr hohem Niveau. Ich nehms gerne.
 
 
Den Hummer hab ich gegen den Käsegang ausgetauscht. Was bin ich froh! Das Krustentier auch nochmal mit Trüffel, Vogelmiere, Schwarzwurzel, Haselnuss und Buchweizen gehört mit Sicherheit zu einem der Besten der jemals von mir degustierten Teller. Ohne Wenn und Aber! Hervorragender Hummer, auch als Ravioli, in Herbstrompete panierte Schwarzwurzel, Püree, Buchweizen-Blinis (schön luftig)... am liebsten würde ich laut jubeln. Foodporn, saugeil!
 
 
Kein Durchatmen, es geht weiter mit Eigelb, Lardo, Röstzwiebeln, Steinpilzen und Oxalis. Getrocknetes Eiweiss mit Eigelb darin, ein Eigelb mit geschmolzenem Lardo, ein Teller auf den ich ebenfalls total stehe. Rustikal im Geschmack, dennoch eine feine Abstimmung.
 
 
Hauptgang - Hirschkalbsrücken unter Baumkuchen-Kruste, Variation vom Kürbis, Wacholder-Schokoladen-Jus, das kann sich zurecht Hauptgang nehmen. Fleisch top gegart und was mir bei dem und auch vorhergehenden Teller auffällt, die kommen sehr duftend an den Tisch. Das erlebt man auch nicht mehr alle Tage und ist bei der Anrichteweise der vielen Komponenten sehr beachtlich.
 
 
Baby-Banane mit Valrhona Jivara, Tamarinde, Pistazie und Yuzu setzt den Schlusspunkt unter ein hervorragendes Menü. Auch hier sind die Produkte sehr gut gewürdigt, zu erkennen und kreativ verarbeitet. 
 
Petit Fours und ein Kaffee lassen mich reflektieren, daß hier dermassen aufwändig und gut gekocht wird, daß es mir schwindlig wird. Ein abschließender Plausch mit dem Marco verleitet mich zur Bemerkung, daß er sich das Leben nicht einfach macht. Das ganze Zeugs muß man erstmal erarbeiten und produzieren. Übrigens ist der Chef sehr bodenständig, ehrlich und sympathisch.
 
Mich hats jedenfalls überzeugt, teilweise in Urlaubsstimmung versetzt und das als stringenter Vertreter des Reduzierten. Vielen Dank an Marco und das top air-Team!
 
 
 

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